Corona-Virus: Allgemeinverfügung der Stadt Höxter
Allgemeinverfügung
der Stadt Höxter über das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen zur
Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2
Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – lfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBI. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBI. I S. 148) i.V.m. § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) vom 28. November 2000 und §§ 35 Satz 2, 41 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) erlässt der Bürgermeister der Stadt Höxter als örtliche Ordnungsbehörde nachfolgende Allgemeinverfügung:
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Alle öffentlichen Veranstaltungen im gesamten Gebiet der Stadt Höxter werden hiermit untersagt.
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Die Anordnung ist zunächst befristet bis 30.04.2020 um 24.00
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Öffentliche Veranstaltungen im Sinne der Ziffer 1 können ausnahmsweise unter den am Ende der Begründung dieser Allgemeinverfügung ausgeführten Ausnahmevoraussetzungen im Einzelfall erlaubt werden. Diese Ausnahmeanträge sind an die Abteilung 31 Ordnung, Straßenverkehr, Brandschutz und Rettungsdienst der Stadt Höxter zu richten (Westerbachstraße 45, 37671 Höxter).
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Diese Allgemeinverfügung gilt nicht für private oder vereinsinterne Veranstaltungen.
Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Absatz 4 Satz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW (VwVfG NRW) einen Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. Die Bekanntmachung erfolgt am Freitag, den 13.03.2020 gem. § 19 Nr. 2 der Hauptsatzung der Stadt Höxter durch Aushang in den Schaukästen der Stadt Höxter und in den Ortschaften. Diese Allgemeinverfügung ist damit ab dem 14.03.2020 wirksam und allgemeinverbindlich!
Zusätzlich wird die Allgemeinverfügung sofort auf der Homepage der Stadt Höxter und am 18.03.2020 in der Huxaria bekannt gemacht.
Begründung:
Die Stadt Höxter ist nach § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG i.V.m § 3 ZVO-IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig. Unter den Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen
oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen.
Gemäß § 2 Nr. 1 IfSG sind Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermehrungsfähige Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG.
Die angeordnete Maßnahme ergeht auf Grund der derzeitigen Einstufung der Verbreitung des neuen Coronavirus (Sars-CoV-2) als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die ganze Weltbevölkerung einem Erreger potenziell ausgesetzt ist und “potenziell ein Teil von ihr erkrankt”. Zudem besteht auf Grund der Risikobewertung des Robert Koch Instituts weiterhin auf globaler Ebene eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Seit im Dezember 2019 erstmals in China Menschen von einer neuartigen Lungenkrankheit befallen wurden, breitet sich das Virus SARS-CoV-2 immer weiter aus. Während in der Stadt und im Kreis Höxter noch keine Infektion durch Test festgestellt worden sind, mehren sich die begründeten Verdachtsfälle Seit dem 12.03.2020 wurden im Stadtgebiet von Höxter innerhalb von 24 Stunden vier Personen unter Quarantäne gestellt. Auch in den benachbarten Kreisen wurden bereits zahlreiche Personen positiv auf das Virus getestet.
Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen. Übertragungen kommen im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen vor. Auf diesen kann es unter ungünstigen Bedingungen zu einer Übertragung auf die anwesenden Personen kommen.
Die Stadt Höxter untersagt deshalb nach umfassender Interessenabwägung und Risikobewertung mit dieser Verfügung alle öffentlichen Veranstaltungen in ihrem Stadtgebiet.
Diese Anordnung gilt zunächst befristet bis zum 30.04.2020. Dieser Zeitraum ist angemessen, um die weitere Verbreitung kurzfristig zu verzögern. Eine kürzere Befristung ist nicht angezeigt, da in den nächsten Wochen noch mit weiter steigenden Infektionszahlen 2u rechnen ist. Sollte die Entwicklung zeigen, dass die Maßnahmen schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich sind, wird die Anordnung geändert. Sofern über diesen Zeitpunkt hinaus Anordnungen notwendig sind, wird eine entsprechende Verlängerung der Maßnahme erfolgen.
Durch die Einstufung durch die WHO als Pandemiefall sowie die weiter steigenden Infektionszahlen innerhalb der letzten 24 Stunden sind andere Maßnahmen, die Gefahr ausreichend zu mildern, nicht ersichtlich. Öffentliche Veranstaltungen tragen wesentlich dazu bei, das Virus schneller zu verbreiten. Ferner ist auch die Unmöglichkeit der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten und eine sprunghafte Zunahme von Infektionen in die Abwägung mit einzubeziehen. Die Untersagung von öffentlichen Veranstaltungen ist aus diesem Grund erforderlich.
Mildere Maßnahmen sind aufgrund des lnfektionsweges über Tröpfchen nicht gleichermaßen effektiv. Insbesondere ist es nicht mehr ausreichend, die Veranstaltungen unter Anordnung von Auflagen stattfinden zu lassen, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle empfohlenen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden können und die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z. B. Händedesinfektion) ausreichend beseitigt wären.
Auflagen stattfinden zu lassen, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle empfohlenen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden können und die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z. B. Händedesinfektion) ausreichend beseitigt wären.
Die Untersagung dieser Art von Veranstaltungen ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die konkret drohende Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen abzuwehren. Diese Gemeinwohlbelange rechtfertigen das Verbot. Die Gesundheit und das menschliche Leben genießen einen höheren Stellenwert als die allgemeine Handlungsfreiheit. Den zu erwartenden
Einschränkungen stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des
Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Hierbei handelt es sich um Rechtsgüter von sehr hoher Bedeutung. Um dem staatlichen Schutzauftrag gerecht zu werden, ist das Verbot unter Abwägung aller beteiligten Interessen daher gerechtfertigt.
Ausnahmeregelung
Öffentliche Veranstaltungen können unter folgenden Voraussetzungen ausnahmsweise durch die Stadt Höxter als örtliche Ordnungsbehörde erlaubt werden, wenn für die öffentliche Veranstaltung in der nachfolgenden tabellarischen Bewertungsmatrix zu den Kriterien
- Teilnehmende
- Art der Veranstaltung
- Ort und Durchführung der Veranstaltung in Summe nicht mehr als 10 Punkte erreicht werden.
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Teilnehmende
Punkte | ||||||
Wie viele Teilnehmende werden bei der Veranstaltung erwartet? |
Bis 100 | 101-300 | 301-999 | Ab 1.000 | ||
Punkte | 1 | 2 | 4 | 6 | ||
lb | Können Sie sicherstellen, dass niemand teilnimmt, der sich innerhalb der letzten 4 Wochen in einem Risikogebiet nach RKI aufgehalten hat? | nein | ||||
Punkte | 4 | |||||
Ic |
Können Sie sicherstellen, dass nicht mehr als 10% gefährdete Personengruppen teilnehmen (z. B. Menschen über 60 Jahre oder mit chronischen Erkrankungen)? |
Ja | Nein | |||
Punkte | 4 |
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Art der Veranstaltung
Punkte | |||||||
Wie lange dauert die Veranstaltung bzw. wie lange ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Teilnehmenden? |
Weniger als 15 Minuten |
15-60 Minuten |
Länger als 1 Stunde | ||||
Punkte | 1 | 3 | |||||
2b |
Haben die Teilnehmenden der Veranstaltung länger als 15 Minuten engen Kontakt zueinander Warteschlangen, enge Bestuhlung, …) |
nein | Unbekannt oder | ||||
Punkte | 3 | ||||||
Werden die Teilnehmenden der Veranstaltung zentral registriert bzw. besteht die Möglichkeit der Rückverfolgbarkeit? |
nein | ||||||
Punkte | 1 |
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Ort und Durchführung der Veranstaltung
Punkte | |||||||||||
3a | Findet die VA im Freien statt? | Ja | Nein | ||||||||
Punkte | 2 | ||||||||||
3b | Bestehen ausreichend Möglichkeiten der Händehygiene? | Ja | Nein | ||||||||
Punkte | 2 | ||||||||||
Punkte gesamt | |||||||||||
Bei der Antragstellung sind die für die Bewertungsmatrix zu Grunde zu legenden Kriterien darzulegen. Darüber hinaus kann eine öffentliche Veranstaltung durch die Stadt Höxter als örtliche Ordnungsbehörde erlaubt werden, sofern diese für das öffentliche Interesse unverzichtbar ist.
Hinweis (für private und vereinsinterne Veranstaltungen)
Für die Risikobewertung zur Durchführung einer privaten oder vereinsinternen Veranstaltung wird die Berücksichtigung der oben dargestellten Checkliste dringend empfohlen.
Sofortige Vollziehbarkeit
Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach 5 28 Abs. 3 i.V.m 5 16 Abs. 8 IfSG. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung. Auf die Strafvorschrift des 5 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG wird hingewiesen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben werden. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Minden (Königswall 8, 32423 Minden oder Postfach 3240, 32389 Minden) schriftlich oder dort zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch Übertragung eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des 5 55a der Verwaltungsgerichtsordnung —VwGO- und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung — ERVV) vom 24.11.2017 (BGBI. S. 3803) einzureichen.
Alexander Fischer
Bürgermeister der Stadt Höxter Höxter, den 13. März 2020